Donnerstag, 18. Dezember 2014

Ziemlich direkte Demokratie in der Storchenbar


Für die lesenswerte und regional erscheinende "Tollensetaler Stimme" habe ich folgenden Beitrag verfasst, den ich hier vorab veröffentliche:

Gemeinderatssitzung in der Storchenbar

Ich heiße Susanne Wiest und bin, nachdem meine Kinder und ich 9 Jahre in Greifswald gelebt haben, Anfang September wieder zurück in mein Haus nach Siedenbüssow gezogen. 
Meine Söhne denken gerne an ihre Kinderjahre im Dorf und auf dem Land zurück und freuten sich dann auch über die Stadt: Über die neue Nähe zu Schule und Sport, zu Kultur und zu vielen anderen jungen Menschen. 
Ich freute mich über die reduzierte Fahrerei und einen erfrischenden Hauch Weltoffenheit durch die schöne Ostseelage.
























Nun sind die Kinder selbstständig und ich persönlich ziehe das Land der Stadt vor.
Ich arbeite politisch und engagiere mich bundesweit besonders für die Themen bedingungsloses Grundeinkommen und Direkte Demokratie in gesunder Natur und Umwelt.

Gestern ging ich zum ersten Mal zu der Einwohnerfragestunde der Gemeinderatsversammlung.
Ich kann Ihnen und Euch nur wärmstens empfehlen das auch zu tun. 
Der Gemeinderat ist die Ebene auf der politische Mitarbeit sehr direkt und wirkungsvoll ist.
Wenn ich dort nicht mitwirke, mich interessiere und etwas bewege, bewegen andere etwas und mich mit.

Olaf Spillner, dienstältestes Gemeinderatsmitglied, der Gemeinde Alt Tellin, bat nach der Einwohnerfragestunde um Ergänzung der Tagesordnung um folgenden Punkt:
  • Positionierung der Gemeinde Alt- Tellin zu dem aktuellen und bundesweit geltenden Gerichtsbeschluss aus Sachsen Anhalt, der Adrianus Straathof (Besitzer der Alt-Telliner Ferkelzuchtfabrik) das Recht und die Fähigkeit abgesprochen hat, Tiere zu halten.
Die Änderung der Tagesordnung wurde einstimmig beschlossen.


Kurz vor Ende des öffentlichen Teils der Ratssitzung, entzündete sich dann an dem Anliegen Olaf Spillners, die Gemeinde Alt-Tellin möge die Behörden auffordern, den Gerichtsbeschluss aus Sachsen-Anhalt zügig umzusetzen, eine rege Diskussion.
Wer heute „Alt-Tellin“ googelt, berichtet Herr Spillner, bekommt Ergebnisse zu den Themen „Europas größte Ferkelzuchtanlage“, „Adrianus Straathof", „Qualzucht“. 
Es wäre sinnvoll und wichtig, dass der Gemeinderat sich von dieser Art der Schweinehaltung distanziert und klar positioniert. 
Der Sache wegen und auch damit Alt-Tellin in der Öffentlichkeit einmal anders als von Schweinedunst vernebelt wahrgenommen werden kann.
(meine eigene Wortwahl/ s.w.)
Jens Juhnke kritisierte, Olaf Spillners Vorschlag sei zu vage um darüber jetzt abstimmen zu können. Herr Spillner entgegnete, er habe den Vorschlag bewusst nicht ausgearbeitet, damit er nicht von vornherein abgelehnt werde .
Es ist ja nötig gemeinsam einen Inhalt zu formulieren, den alle mittragen könnten.
Eine mögliche Beschlussfassung auf nächste Sitzung zu vertagen, das war auch ein Vorschlag, sei sei keine gute Idee, da das Thema jetzt aktuell ist und Handlungsbedarf besteht.
Ein Gast äußerte laut seinen Unmut über die Diskussion, da er die wohl versprochene Weihnachtsfeier in weiter Ferne verschwinden sah und verließ den Tagungsraum in der Alt-Telliner Storchenbar.

Olaf Spillner






















Herr Juhnke beklagte, dass er von keiner öffentlichen Stelle Unterlagen erhalten habe. Er könne sich in dem Fall Straathof nur über die Medien informieren und denen traue er nicht.
Der Bürgermeister Herr Karstädt sagte es würde nicht viel bringen, sich an Minister Backhaus zu wenden, auch wenn dieser sich jetzt zunehmend kritisch zu Straathof und Massentierhaltung äußern würde, da der gleiche Minister der Gemeinde die Ferkelzuchtfabrik ja mit aufs Auge gedrückt habe.
In der Runde fiel, sinngemäß,der Satz, der Minister sei ja bekannt dafür sein Mäntelchen
in den Wind zu hängen.
Am Ende der interessanten Diskussion formulierte Olaf Spillner dann doch eine Abstimmungsvorlage. Es gelang dann Herrn Karstädt den Text so zu formulieren, dass tatsächlich alle Gemeinderatsmitglieder zustimmten:
Die Gemeinde Alt-Tellin fordert das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz dringend auf, Unterlagen in Sachen Straathof der Gemeinde zugänglich zu machen, damit der Gemeinderat eine Basis hat, um sich in Sachen Berufsverbot für Adrianus Straathof und Zukunft der Ferkelfabrik /Alt-Tellin zu positionieren. 
(sinngemäß aus der Erinnerung/s.w.)

Die offene Diskussion und auch die zusammen erarbeitete Lösung haben mich beeindruckt.
Nachvollziehbar. Konkret. Lösungsorientiert.
Persönlich freut mich dieser Beschluss auch.
Ich finde es wichtig, dass diese Art der Tierhaltung, so schnell wie möglich aufhört.

Direkt nach dem öffentlichen Teil der Ratssitzung, als mein Mann und ich wieder zu Hause waren, lief im ZDF „Frontal 21“. 
In dieser Sendung werden die katastrophalen Zustände in Straathofs Betrieben eindrücklich geschildert. Auch Missstände in Alt Tellin werden gezeigt.
Es sind Auszüge aus Behördenunterlagen zu sehen, darin wird Herrn Straathof, unter Anderem, „Qualzucht“ bescheinigt.
Die sehr unrühmliche Rolle von Till Backhaus wird geschildert.
Die Moderatorin spricht von „systematischer Tierquälerei“.

Alt-Tellin ist im ZDF angekommen.  
Herr Spillner hat recht: Unrühmlich.
Ändern wir das wieder.
Bewahren wir die schöne Natur, setzen wir auf bäuerliche Landwirtschaft und sanften Tourismus.
Wir schließen die Agrarfabriken.

Wann die nächste Gemeinderatssitzung stattfindet, können Sie /könnt ihr, sobald der Termin feststeht, dem Aushang in den Dorfschaukästen entnehmen. 
Dass diese manchmal nicht bestückt wurden oder kaputt sind, war ebenfalls Thema der Sitzung."


Liebe Grüße und bis demnächst, Susanne

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